Omega 3 Fettsäuren-Spiegel
Mit Leinöl im grünen Bereich? oder Omega 3 Fettsäuren, die Megastars am orthomolekularem Sternenhimmel...
Wir analysieren in der Erythrozytenmembran den Omega3-Index , finden gravierende Mängel in der Versorgung mit Omega 3 Fettsäuren und ernten entgeisterte Gesichter unserer Patienten, die beteuern, seit langen Jahren mindestens 2 Esslöffel Leinöl täglich zu sich zu nehmen und damit doch gut versorgt sein müssten…..
Was sind Omega 3 Fettsäuren und warum bestimmen wir sie?
Um eine kurzen Ausflug in die Biochemie kommen wir nicht herum:
Fettsäuren bestehen aus einer Kette von Kohlenstoffatomen, die sich je nach Anzahl von Doppelbildungen in ihrer Molekülkette unterscheiden. Sie werden unterteilt in gesättigte Fettsäuren, die keine Doppelbindung besitzen, einfach ungesättigten Fettsäuren mit einer Doppelbindung und mehrfach ungesättigten Fettsäuren, die 2 oder mehr Doppelbindungen haben. Die Stellung der Doppelbindung ist wichtig für die biochemische Wirkung . Zu den mehrfach ungesättigten Fettsäuren zählen Omega 3 und Omega 6 Fettsäuren. Gesättigte und einfach ungesättigte Fettsäuren sind nicht essentiell und können vom Körper selbst hergestellt werden. Omega 3- und Omega 6 Fettsäuren müssen von aussen dem Körper zugeführt werden, er kann sie nicht selbst zusammensetzen.
Gesättigte Fettsäuren finden sich vor allem in tierischen Produkten wie Milch,Butter,Wurst,Fleisch, hier vor allem von Tieren aus Massen- und Masttierhaltung, aber auch in Palm- oder Kokosfett .Gesättigte Fettsäuren machen ein Fett fest, Butter enthält ca. 65% davon, Kokosfett sogar 92%. Sie sind per se nicht böse, es kommt auf die Menge an. So dienen sie im Körper als Energiequelle und Energiespeicher, sind aber auch Bestandteil jeder Zellmembran, regulieren die Umsetzung genetischer Informationen, sind wichtig im Hormonstoffwechsel und vieles mehr. Ein zu viel ist mit einem erhöhten Cholesterinspiegel, Herzkreislauferkrankungen, Diabetes mellitus und vielen anderen Erkrankungen assoziiert.
Einfach ungesättigte Fettsäuren stecken zum Beispiel in Nüssen, Avocados, pflanzlichen Ölen wie Olivenöl oder Rapsöl.Sie helfen dem Körper bei der Vitaminaufnahme und können das Cholesterin senken.
Nun zu den Omega 3- und Omega 6 -Fettsäuren. Es sind die Alleskönner im Fettsäurestoffwechsel und v.a. die Omega 3-Fettsäuren die Megastars am orthomolekularem Sternenhimmel.
Eine Omega-3-Fettsäure ist die Alpha-Linolensäure (ALA), die in Pflanzen vorkommt, z.B. in Leinöl, Walnüssen, Chiasamen. Positive Wirkungen auf die Gesundheit haben aber v.a. die Eicosapentaensäure (EPA) und die Docosahexaensäure (DHA), Omega 3 Fettsäuren, die aber marinen Ursprungs sind und z.B. in fetthaltigen Fischen wie Hering oder Lachs oder in Algen vorkommen. Die in Pflanzen vorkommende ALA kann vom Körper zwar zu EPA und DHA umgewandelt werden, jedoch schwankt die Umwandlungsrate abhängig von Gewicht, Alter und Stoffwechsel zwischen 0,5 und 10%. Deshalb sind Omega 3 Fettsäuren aus Leinöl oder anderen Pflanzen zwar eine gute Ergänzung zu den marinen Omega 3 Fettsäuren aus Fisch oder Algen, reichen aber leider allein nicht für eine gute Omega 3- Versorgung.
Wofür Omega 3-Fettsäuren?
DHA und EPA haben zum Teil unterschiedliche Funktionen. Im Folgenden sprechen wir der Einfachheit halber immer von EPA und DHA, zumal die Unterscheidung praktisch , was die Einnahme der Omega 3-Fettsäuren angeht, nicht von Belang ist. Sie tragen zu einer Erhaltung der normalen Gehirnfunktion bei. Das Gehirn besteht zu circa 60% aus Fett, allein 20% der Fette im Gehirn sind Omega 3- Fettsäuren. Zahlreiche Studien zeigen einen deutlichen Zusammenhang zwischen einem ausgeglichenen Omega 3 Fettsäuren-Spiegel und einer verbesserten Hirnfunktion, sie können Depressionen, Parkinson,Multiple Sklerose und auch Demenz im Verlauf positiv beeinflussen und das Risiko für ADHS und Psychosen senken. Sowohl EPA als auch DHA tragen zu einer normalen Herzfunktion bei, die Fließeigenschaft des Blutes und Zellstoffwechselprozesse werden positiv beeinflusst, der Blutdruck kann gesenkt und der Herzrhythmus stabilisiert werden. Außerdem wird der Triglyceridspiegel (Neutralfette) im Blut normalisiert. DHA ist wichtig für die Augen und trägt zur Erhaltung normaler Sehkraft bei. Ebenfalls DHA ist wichtig zu normalen Gehirnentwicklung des Fötus in der Gebärmutter der Mutter während der Schwangerschaft. Der Fötus ist so sehr auf die Omega 3 Versorgung durch die Mutter angewiesen, dass, nach neuesten Studien, sogar die Omega 3 Fettsäuren im Gehirn der Mutter zur Versorgung herangezogen werden, was postnatal, also nach der Geburt, dann zu Problemen bei der Mutter führen kann, wenn hier ein Mangel entstanden ist. Omega 3 Fettsäuren wirken entzündungshemmend und antirheumatisch, kommen in der Allergie- und Ekzemprävention zum Tragen, helfen bei Autoimmunerkrankungen wie chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen und können sogar das Krebs-Risiko z.B. für Dickdarm-, Prostata-und Brustkrebs senken. In der Zahnheilkunde sind sie hilfreich bei Parodontitis. Tatsächlich-Mega-Stars!
Was ist mit den Omega-6-Fettsäuren?
Die sind janusköpfig, d.h., sie haben 2 Seiten, wobei die negative Seite dann zum Tragen kommt, wenn das Verhältnis der aufgenommenen Omega 3 zu Omega 6 Fettsäuren nicht stimmt. Die wichtigsten Omega 6 Fettsäuren sind die Linolsäure und die Arachidonsäure. Die Omega 6 Fettsäuren kommen in vielen Lebensmitteln vor (Milchprodukte,Hühnereier, Fleisch-und Wurstwaren, Soja-,Mais- und Sonnenblumenöl u.v.m.) Sie sind Bestandteil von Zellmembranen und werden für Wachstums-und Reparaturprozesse gebraucht. Aus der Arachidonsäure können Stoffe gebildet werden, die die Entstehung von Entzündungen als Teil der Immunabwehr fördern können, das kann zum Beispiel bei Infektionen hilfreich sein. Außerdem erhöhen Omega 6 Fettsäuren die Gerinnungsneigung des Blutes und eine Verengung der Gefäße, was zum Beispiel bei stärkeren Verletzungen von Vorteil ist.
Omega3 zu Omega6-Verhältnis
Seit der Steinzeit bis zu Beginn der Industrialisierung haben die Lebensmittel aus der Natur dafür gesorgt, dass zwischen Omega 6 und Omega 3 Fettsäuren ein Gleichgewicht herrschte. Seitdem sich unsere Ernährungsgewohnheiten aber gravierend verändert haben, herrscht ein Überschuss an Omega 6 Fettsäuren und ein Mangel an Omega 3 Fettsäuren. So hat sich das Omega 6 zu Omega 3 Verhältnis in eine ungünstige Richtung verschoben. Im Idealfall sollte das Verhältnis zwischen 2,5 zu 1 bis höchstens 5 zu 1 (Empfehlung der deutschen Gesellschaft für Ernährung) liegen. In Deutschland liegt es heute jedoch in der Regel bei 15 zu 1. Das heißt, dass der Durchschnittsbürger in Deutschland 15 mal mehr Omega 6 zu sich nimmt als Omega 3 , bei Jugendlichen, die besonders viele Omega 6 haltige Lebensmittel durch Fast food verzehren, liegt das Verhältnis zum Teil sogar bei 25 zu 1. Was ist daran so schlecht? Befindet sich das Verhältnis der Fettsäuren nicht im angegebenen Bereich, entsteht eine entzündungsförderne Stoffwechselsituation, die Omega 3 FS können ihre Wirkung nicht mehr entfalten.
Was messen wir mit dem Omega3-Index?
Er gibt den Anteil der marinen Omega-3 Fettsäuren EPA und DHA im Verhältnis zu den gesamten Fettsäuren an. Ein Omega-3 Index von über 8% wird empfohlen. Der Omega-6/Omega-3 Index bestimmt das Verhältnis von Omega 6 zu Omega 3 Fettsäuren.
Wieviel einnehmen?
Die Dosierungsempfehlungen unterscheiden sich nach den zu behandelnden Krankheiten und liegen zwischen 2-4-max 6g DHA und EPA/Tag! Eine Studie der Charite Berlin empfiehlt 2,2g für eine gute Gedächtnisleistung und zur Vorbeugung für Alzheimer, 4 g werden gebraucht, um eine entzündungshemmende Wirkung zu erzielen (Yates, Calder et al 2014), usw.
Wieviel und was empfehlen wir unseren Patienten?
2g EPA u. DHA/Tag sollten es schon sein. Und zwar dauerhaft! Dafür müsste man ca 300g Makrele, 3000g Kabeljau, 100g Hering oder 250g Lachs essen, und das täglich. Die Meere sind überfischt, die Schwermetallbelastung erheblich, was tun? Es gibt hochgereinigte Fischölprodukte, wo zumindest die Schwermetallbelastung keine Rolle mehr spielt. Eine ausgezeichnete Alternative sind Algenölprodukte, die wir in unserer Praxis gerne Vegetarier*innen und Veganer*innen rezeptieren. Ob Sie die Omegas in Form von Kapseln öder flüssigem Öl konsumieren, bleibt Ihnen überlassen. Nehmen Sie Kapseln, sollten Sie auf jeden Fall einmal eine zerbeissen, das Öl darf in keinem Fall ranzig schmecken, dann gehört es entsorgt.
Also, Leinöl reicht nicht, eine Bestimmung des Omega-3-Index gibt Ihnen Aufschluss über Ihren aktuellen Versorgungszustand mit den lebenswichtigen Fettsäuren und vielleicht haben Sie nach dem Lesen diese Blog-Beitrages Lust bekommen, sich mit einer weniger Omega 6 betonten Ernährung auseinanderzusetzen und damit Ihrer Gesundheit auf jeden Fall viel Gutes zu tun.
Muss jeder den Omega 3 Index bei sich messen lassen? Nein. Oft ist es hilfreich, Fakten schwarz auf weiss zur Verdeutlichung der individuellen Versorgungssituation mit den lebenswichtigen Substanzen auf dem Tisch zu haben, die Notwendigkeit zur Veränderung von Ernährungsgewohnheiten liegt auf der Hand und die Motivation dazu ist höher. Aber wenn Sie jetzt langfristig mit 2g EPA/DHA pro Tag starten, können Sie die herausragenden Vorteile einer guten Omega-3-Fettsäuren-Versorgung auch ohne Laboruntersuchung für Ihre Gesundheit nutzen.
© Dr. Nicole Lion-Mock